Das ist wie beim Flaschendrehen: Tat oder Wahrheit. Heute trifft mich Wahrheit.
Kürzlich wurde ich in einem Workshop gefragt, was der peinlichste Moment in meinem Leben war. Und weil mir beim Erzählen bewusst geworden ist, was das (im Nachhinein) für eine wertvolle Erfahrung für mich war, möchte ich sie euch heute mit euch teilen.
Es war vor einigen Jahren, als ich in einem Immobilienunternehmen arbeitete. Es gab Ärger mit unserem grösster Kunden, der uns vorwarf, die Leistung nicht wie vereinbart zu erbringen und auch noch falsch abzurechnen. Also richtig starker Tobak.
Obwohl meine Abteilung nicht für das Problem verantwortlich war, musste ich als Teil der Geschäftsleitung beim Kunden antanzen. Die Geschäftsleitung, das hiess damals 5 Männer, die meine Väter sein könnten, und ich.
Als 30jährige kannte ich die Spielregeln der Geschäftswelt noch nicht so gut und obendrein war ich ziemlich vorlaut, was mir in genau diesem Meeting zum Verhängnis wurde.
Die Stimmung im Raum war merklich unterkühlt, meine Kollegen bekamen den Mund nicht auf, ausser für ein gelegentliches Hüsteln. Und unser Geschäftsführer war die Unterwürfigkeit in Person - alles, nur nicht den Kunden verlieren.
Ich sah das alles mit wackelnden Ohren und verstand die Welt nicht mehr. Noch vor einer halben Stunden hatten wir alle darüber gewettert, dass ich der Kunde täuscht und wie sehr er im Unrecht war. Und jetzt zogen alle den Schwanz ein? Ich dachte, ich tue ihnen einen Gefallen, wenn ich mich „opfere“ und dem Kunden die Meinung sage. Und das tat ich dann auch. Ungefragt ergriff ich das Wort und sagte den Herren auf der anderen Seite des Tisches, was Sache war. Erstens, zweitens und drittens. So richtig ausführlich.
Schweigen. Hüstel. Noch mehr Hüstel.
Was ich nicht richtig verstanden hatte, war das Ziel unserer Mission. Wir sollten den Kunden halten und nicht Recht haben. Meine Darstellung war eine Rechtfertigung und kein konstruktives Vorgehen. Es entsprang aus Eitelkeit und Rechthaberei. Unser Geschäftsführer tat dann das einzig Sinnvolle und distanzierte sich von meiner Aussage. Er stellte meine Darstellung als meine subjektive Sichtweise dar, die nicht die Sicht des Unternehmens repräsentierte.
Schluck, da wurde mir bewusst, dass ich gerade eine Bauchlandung im Fettnapf gemacht hatte.
Kurz darauf löste sich die Versammlung auf und die Pinguine watschelten wieder an ihre Arbeitsplätze. Wir verabschiedeten uns und quetschten uns alle in den Lift. Sobald die Lifttüre zuging, holte ich tief Luft und sagte laut „Entschuldigung.“ Der Gesichtsausdruck meines Chefs verwandelte sich von verschlossen zu überrascht. Er nickte nur und die Sache wurde nie mehr erwähnt.
Uff!
Das war eine harte Lektion. Aber dafür umso wertvoller. Ich habe die Macht der Entschuldigung kennen gelernt. Ich habe in den Monaten und Jahren danach auch erfahren, dass sich eine ganz besondere Beziehung zwischen meinem Chef und mir entwickelte, weil er sich auf mich verlassen konnte. Er hatte mich als absolut ehrlich kennen gelernt. Als ich meine Meinung sagte aber auch, als ich meinen Fehler einsah.
Ich bin absolut dafür, dass wir unsere Meinung sagen, auch wenn es nicht immer im ersten Moment gut ankommt. Aber hinterfragen wir unsere Beweggründe. Geht es um Rechthaberei oder um die Sache?
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Verena Tschudi ist Coach für Karriere und Leadership. Sie ist die Herausgeberin des Podcasts LEVEL ME UP! und inspiriert ihr Publikum für mehr Erfolg und Erfüllung im Job.
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