Warum rot werden nicht so schlimm ist wie perfekt sein
Wie oft versuchen wir, alles richtig zu machen. Im Nachhinein ärgern wir uns dann, weil wir dieses und jenes nicht gesagt haben, nicht genug vorbereitet waren oder nicht optimal reagiert haben.
Doch im Spiel des Lebens gibt es eine Regel , die wir nicht vergessen dürfen: Persönlichkeit schlägt Perfektion.
Hör mal in dich hinein: Wer ist dir lieber? Jemand Perfektes oder jemand mit seinem eigenen Charakter? Einer, der alles richtig macht oder eine, die menschlich ist? Wir alle haben lieber Leute um uns, die nicht aalglatt sind, sondern die zu ihren Falten und Macken stehen. Darum ist es nicht nur halb so schlimm, wenn wir bei einer Präsentation rot werden oder kurz den Faden verlieren, wenn wir emotional werden oder Fehler eingestehen. Es ist sogar gut!
Beim Präsentieren ist Authentizität die wichtigste Qualität eines Redners oder einer Rednerin. Du hast bestimmt schon Vorträge gehört, die glatt wie Öl und perfekt eintrainiert daherkamen, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Und dann war da dieser schrullige Typ, der mit zerknittertem Hemd und der Hand in der Hosentasche schief da vorne stand. Der mehr den Eindruck machte, als würde er zu sich selber reden und zeitweise sogar über seine eigenen Formulierungen schmunzeln musste. Der manchmal ganz plötzlich und überraschend ins Publikum blickte und die Leute direkt ansprach. An seinen Lippen hing das Publikum geschlagene zwei Stunden und niemand merkte, wie die Zeit verging.
Authentizität wird am besten sichtbar durch Verletzlichkeit. Wenn du bereit bist, über deine Unvollkommenheit zu sprechen, entsteht ein magischer Moment zwischen dir und dem Publikum.
„Ich habe vor einigen Jahren eine sehr schwierige Zeit durchlebt.“
„Ich wünschte, ich hätte dieses oder jenes früher erkannt.“
„An diesem Punkt habe ich eine grosse Lektion gelernt.“
Offener Umgang mit unseren eigenen Schwächen wird vom Publikum immer geschätzt, nicht das perfekte Auftreten. Im Gegenteil: Je unnahbarer und makelloser jemand daherkommt, desto mehr haben wir das Bedürfnis, die Schwächen an dieser Person aufzudecken.
Das ist das grosse Paradoxon. Je menschlicher und authentischer wir uns zeigen, desto mehr nehmen wir den Kritikern den Wind aus den Segeln.
Allerdings empfehle ich, nicht über eine aktuelle tragische Situation zu sprechen, sondern diese aus der Retrospektive zu erzählen, wenn du ihr bereits den Stachel gezogen hast. Weniger gravierende Schwächen wie ein Tick oder eine neurotische Angewohnheit von dir, die du liebevoll kultivierst, kannst du gerne mit Humor einbringen.
Noch ein Wort zum Rot werden: Im Erröten bin ich Profi, daher kann ich hier wirklich mitreden. Ich kenne niemanden, der oder die leichter und auch dunkler rot werden kann als ich. 9 von 10 Mal passiert nichts und das zehnte Mal werde ich dunkelrot. Es gibt keine erkennbare Regel dahinter.
Welches Mittel habe ich gefunden? – Akzeptieren. :-)
Ich lasse mich von nichts und niemandem aufhalten, dann den Mund aufzumachen, wenn ich es für nötig halte. Nicht mal von meinen eigenen Wallungen. Denn dann würde ich nicht zu meinen Überzeugungen stehen. Ich könnte auch nicht dieses Leben führen, das ich liebe. Und dass ich nicht perfekt bin, ist völlig okay.
Eine Freundin von mir hat mir mal nach so einem Vorfall gesagt: „Ich fand das sehr sympathisch. Menschlichkeit steht dir gut.“
Rot werden selber ist also nicht so tragisch. Peinlich wird es erst, wenn es der Person selber irrsinnig peinlich ist. Wenn du es locker nimmst, geht es auch recht schnell wieder weg. Was hilft dabei am besten? Gleich nochmal zu Wort melden.
Übrigens, auch das kann man trainieren. Wenn ich heute fühle, dass die Hitze den Hals hochkriecht bis sie am Haaransatz brennt, dann nehme ich das nur noch peripher wahr. Meine Hauptkonzentration gilt immer noch dem, was ich sagen möchte. Dadurch, dass es im Vornherein akzeptiert habe, muss ich auch keine Angst davor haben, wenn es kommt. Ich denke dann lediglich (und etwas amüsiert): „Schau mal an, passiert dir das immer noch. Du bist im Grunde noch ein kleines Mädchen.“ Und da ich im Frieden bin mit dem kleinen Mädchen in mir, ist es einfach okay so wie es ist.
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Verena Tschudi ist Coach für Karriere und Leadership. Sie ist die Herausgeberin des Podcasts LEVEL ME UP! und inspiriert ihr Publikum für mehr Erfolg und Erfüllung im Job.
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